Global gesehen ist ein klarer Trend weg von der Kriminalisierung, hin zu der Freigabe von bisher illegalen Rauschmitteln zu beobachten: Nachdem Washington und Colorado Cannabis bereits legalisiert haben, will man in den USA nun auf Bundesebene nachlegen und die Prohibition dort beenden.
Im Nachbarland Tschechien wird man ab 2014 eine eigene Cannabisproduktion aufbauen um den Bedarf der Bevölkerung nach medizinischem Cannabis abzudecken,
In Deutschland hat vor kurzem der oberste Gerichtshof entschieden, dass für Patienten unter gewissen Umständen Cannabis für den Eigenbedarf angebaut werden darf – und die Niederlande haben ihre Pläne, den Verkauf von Cannabis an Touristen zu verbieten auch wieder aufgeben müssen, nachdem klar wurde, dass sich niemand an das Verbot hält, nicht einmal die Stadtgemeinden selbst.
Nur in Österreich gibt es eine Partei, die der Meinung ist, es bräuchte noch mehr Kontrollen und Strafen: Mit einer breit angelegten Offensive will die ÖVP nun massiv gegen Drogenkonsumenten vorgehen. Ich schreibe absichtlich Konsumenten, da die vorgeschlagenen Maßnahmen fast ausschliesslich Konsumenten und Betreiber legaler Shops betreffen würden.
„Rückschritt um 20 bis 30 Jahre“
ÖVP fordert Stop des Substitutionsprogramms
Das Substitutionsprogramm in Österreich sorgt dafür, dass Konsumenten von Opiaten bei ihrer Abhängigkeit geholfen werden kann, indem man versucht die verbotenen, oft verunreinigten Substanzen des Schwarzmarktes durch medizinisch verträgliche Substitute zu ersetzen und die Menschen somit von ihrer Abhängigkeit wegzuführen.
Die Suchtexpertin Gabriele Fischer betrachtet diesen Vorschlag (anm. den Stopp des Programms) im Gespräch mit derStandard.at als „absurd“. Sie könne sich nicht vorstellen, dass das jemand ernsthaft überlege, so die Leiterin der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Wiener AKH. „Man würde sich damit dem Standard der Drogenpolitik in Russland annähern“, so Fischer. Harald Haltmayer, ärztlicher Leiter der Suchthilfe Wien, wiederum sieht in dem Vorschlag einen „Rückschritt um 25 bis 30 Jahre“.[1]
„Damit kann man Anzeigen in die Höhe treiben und als Erfolg darstellen“
ÖVP will „Drogenverdächtige“ mit verpfichtenden Haarproben jagen
In einer weiteren Maßnahme will man verpflichtende Haartests bei reinem Verdacht auf Drogenkonsum einführen, insbesondere bei Jugendlichen. Hierbei wird weder erläutert, wie ein Drogenverdacht definiert oder festgestellt werden soll, noch welche Mehrkosten dadurch auf den Steuerzahler zukommen. Denn ein Haartest ist im Gegensatz zu einem Alkotest ein Laborverfahren, was entsprechend teuer ist.
Wie der Standard berichtet, ist bei einem Haartest außerdem anzumerken, dass Wiens Drogenkoordinator Michael Dressel dem entgegen hält, dass Haaranalysen nach jetzigem wissenschaftlichem Stand „kein valides Instrument“ seien – und vermutet hinter dem ÖVP-Vorstoß statt Suchtprävention „fragwürdige Motive“. Hier scheinen vor allem jugendliche Kiffer das Ziel zu sein. Die sind leichte Beute für die Polizei – damit kann man Anzeigen in die Höhe treiben und das als Erfolg darstellen.“ Dressel verweist auf eine soeben für die Drogenkoordination erstellte Expertise von Uni-Professor Rainer Schmid. Der Mediziner leitet am Wiener AKH den Bereich für Toxikologie und Medikamentenanalytik am Institut für Labormedizin. In seiner Analyse, die dem Standard vorliegt, ist zu den Haartests zu lesen: „Obwohl die Techniken in den vergangenen zwanzig Jahren schrittweise immer weiter verbessert wurden und die Nachweisempfindlichkeit signifikant gesteigert werden konnte, liegt ein wesentlicher Kritikpunkt weiterhin in der hohen Variabilität der Analyse-Ergebnisse innerhalb eines Labors und zwischen verschiedenen analytischen Labors.“ [2]
Exekutive geht mit „Operation Grasgeflüster“ massiv gegen Ladenbesitzer und ihre Angestellten vor
Diese Information erreichte uns über ein Anwaltsprotokoll:
In Graz wurden am 16.11.2012 ein Stecklingsproduzent zu fünf Jahren, seine Mitarbeiter zu teilbedingten Strafen, sowie ein Growshop zu drei Jahren unbedingter Haft verurteilt. Die Mitarbeiter des Growshops erhielten alle bedingten Strafen, außer einem, weil dieser zwei einschlägige Vorstrafen aufwies; er bekam zwei Jahre unbedingt. Im Rahmen der Operation Grasgeflüster wurde seitens der Grazer Exekutive gegen den Growshop-Betreiber und den Produzenten vorgegangen. Im Vorfeld wurde umfangreich ermittelt durch Telefonüberwachung und mit verdeckten Ermittlern, die teilweise auch Scheinankäufe in dem Geschäft tätigten, und dort auch feststellten, dass zum Teil Beratungsleistungen erbracht wurden. In weiterer Folge wurden im Februar sämtliche Verdächtigen verhaftet und in Untersuchungshaft gesteckt.
Die Verfahren gegen den Produzenten und den Growshop-Betreiber, wurden beide gleichzeitig am 16.11.2012 am Landesgericht Graz verhandelt.
Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Der Oberste Gerichtshof wird nunmehr über die Urteile entscheiden. Dies wird voraussichtlich im Frühjahr / Sommer 2013 stattfinden.
Falls der OGH diese Urteile bestätigt, wird gegen die ganze Grow- und Stecklingsindustrie massiv vorgegangen werden. Dies ganz besonders im Hinblick auf die kommende Nationalratswahl 2013. Auch wurden die beiden Verfahren in Graz ganz zufällig eine Woche vor der Bürgermeisterwahl abgeführt.[3]
Piraten fordern sofortige Freigabe von Cannabis und eine Reform des Suchtmittelgesetzes
Diesem massiven Angriff auf die Freiheitsrechte der Bürger setzten die PIRATEN einen Vorschlag der Vernunft entgegen: Wir fordern die sofortige Freigabe von Cannabis, sebstverständlich unter klarer Einhaltung einiger Regeln: https://piratenpartei.at/piraten-fordern-sofortige-freigabe-von-cannabis/
Besorgten Bürgern raten wir zu einer Dosis Piratenpartei, einem Scheibchen Hausverstand und dem Kauf eines Epiliergerätes beim örtlichen Elektronikfachgeschäft ihres geringsten Misstrauens.
Landesvorstand der LO Wien,
Alexander Kühne
Über die Piratenpartei:
Die Piratenpartei ist Teil einer globalen Bewegung zur Entwicklung einer
Demokratie, die der Welt des 21. Jahrhunderts gerecht wird. Die Piraten
treten für einen Kurswechsel in Richtung mehr Demokratie, mehr Transparenz,
mehr Mitbestimmung und mehr Freiheit ein. Sie nutzen Onlinewerkzeuge, die es
jedem Menschen ermöglichen, die Politik der Piratenpartei mitzugestalten.
Rückfragen:
Themensprecher Drogenpolitik: alexander.kuehne@piratenpartei.at
[1] http://derstandard.at/1358305302941/Tschechiens-feiert-liberale-Drogenpolitik-als-Erfolgsgeschichte
[2] http://derstandard.at/1358305177031/Haartests-bei-Drogenverdacht-SPOe-ueber-OeVP-Plan-empoert
[3] Anwaltsprotokoll, mehr Informationen auf Anfrage