Dass die FPÖ danach dürstet, die schwarzblaue Ibiza-Regierung weiter zu führen, ist nicht erst bekannt, seit sie in einem Video heftigst darum buhlt, die „Ehe“ mit der Volkspartei fortzusetzen. Nach ihrem Narrativ ist die Zusammenarbeit bis zum Zeitpunkt, als der strache‘sche Sündenfall, bei dem dieser die Republik an eine Oligarchin verscherbeln wollte, ruchbar wurde, ohnehin optimal gelaufen. Mehr als eine einmalige „Dummheit“ war das nach Hofer nicht, womit er ganz in den erzählerischen Fußstapfen Straches von der „b‘soffenen G‘schicht“ wandelt.
Im ORF-Sommerinterview am Montag wurde deutlich, dass der ehemalige Koalitionspartner das ganz ähnlich sieht und die Avancen der Kornblumenpartei nicht zurückweisen mag. „Die Inhaltliche Arbeit war eine ausgezeichnete“ und „wir waren auf einem guten Reformweg“, so der Exkanzler. Und weiters, angesprochen auf die antisemitischen Vorkommnisse und sprachlichen und symbolischen Anklänge der FPÖ an das NS-Regime, sagte er: „Jede Partei die demokratisch gewählt ist kann grundsätzlich nicht nur im Parlament vertreten sein, sondern auch in einer Regierung“. Das zeigt maximale Flexibilität hinsichtlich der Verfassungstreue eines möglichen Partners.
Scheinbar steht einer Neuauflage von Schwarzblau ein Innenminister Kickl entgegen, auf dem die FPÖ beharrt und den die Volkspartei nicht will. Nachdem der Bundespräsident aber ohnehin frühzeitig angekündigt hat, dass er Kickl nicht angeloben würde, kann sein Wiedereinzug in das BMI ohnehin nicht Gegenstand von Koalitionsverhandlungen sein. Das weiß auch die FPÖ, die sich nach der Wahl der Realität beugen wird. Bis dahin braucht man ihn als Angebot für die Wähler, die auf eine brachial rassistische Politik aus sind.
Vergessen wir nicht, dass seitens des Exkanzlers und der Volkspartei die Versuche den Rechtsstaat oder die Pressefreiheit auszuhebeln, kein Grund waren Kickl abzusetzen. Auch nicht dessen rassistische Ausritte oder der BVT-Skandal. Einzig seine verharmlosende Sicht des Ibiza-Videos war der Grund dafür, dass er bei den Schwarzen in Ungnade gefallen ist.
Letztlich liegt es also auf der Hand, dass die FPÖ für die ÖVP auch nach der Wahl der Partner ihrer Wahl ist. Das ist auch insofern verständlich, da sich bei den bisherigen Oppositionsparteien wohl kaum ein Partner finden lässt, mit dem die Volkspartei ihrer autoritärstaatlichen Agenda – der Aushöhlung des liberalen Rechts- und Sozialstaats – weiterhin so ungehindert nachgehen könnte.
Mit Schwarzblau wird Österreich einen Kurs der Gleichschaltung, der Überwachung und des Abbaus von bürgerlichen Freiheitsrechten fahren und weder die Klimakatastrophe abwenden, noch den digitalen Wandel sozial ausgewogen gestalten. Das Land wird weiterhin Parteien ausgeliefert sein, die von Milliardären finanziert werden und für Milliardäre Politik machen.
Wer in Betracht zieht, die ÖVP wegen des bubenhaften Charmes des Altkanzlers zu wählen, darf davon ausgehen, dass das Ergebnis eine durchaus uncharmante schwarzblaue Regierung sein wird, die das Fundament Österreichs, wie wir es kennen und schätzen, in ihren Grundfesten erschüttern wird und die wir auch so schnell nicht mehr loswerden.